Die Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland markiert eine historische Zäsur in der Drogenpolitik. Mit dem Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) wurden jahrzehntealte Verbote gelockert, doch dies bedeutet keinesfalls einen rechtsfreien Raum. Für Verbraucher, Autofahrer und Arbeitnehmer ergeben sich zahlreiche neue Fragestellungen. In diesem Beitrag beleuchten wir die juristischen Details, die Grenzen der neuen Freiheit und worauf Sie im Alltag zwingend achten müssen.
Vom Verbot zur regulierten Abgabe: Die Grundlagen
Der Gesetzgeber verfolgt mit dem KCanG primär drei Ziele: den Gesundheitsschutz durch Qualitätskontrolle, die Entlastung von Justiz und Polizei sowie die Eindämmung des Schwarzmarktes. Doch was ist nun konkret erlaubt?
Erwachsene ab 18 Jahren dürfen:
- In der Öffentlichkeit: Bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis mit sich führen.
- Im privaten Wohnbereich: Bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis aufbewahren.
- Eigenanbau: Bis zu drei lebende Cannabispflanzen pro volljähriger Person im Haushalt kultivieren.
Wichtig hierbei ist der Begriff des „Besitzes“. Wer die Mengen überschreitet, begeht weiterhin eine Straftat oder zumindest eine Ordnungswidrigkeit, abhängig von der Höhe der Überschreitung. Die Weitergabe an Dritte bleibt grundsätzlich verboten – mit Ausnahme der streng regulierten Weitergabe von Vermehrungsmaterial (Samen, Stecklinge) in bestimmten Kontexten.
Die „Bubatzkarte“: Wo darf konsumiert werden?
Ein häufiges Missverständnis ist, dass nun überall geraucht werden darf. Das Gesetz sieht strikte Abstandsregelungen zum Kinder- und Jugendschutz vor. Der öffentliche Konsum ist verboten:
- In unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen.
- In Schulen, Sportstätten, Kinderspielplätzen sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen und jeweils in deren Sichtweite (definiert als 100 Meter Abstand um den Eingangsbereich).
- In Fußgängerzonen zwischen 7:00 und 20:00 Uhr.
Verstöße gegen diese örtlichen Beschränkungen werden als Ordnungswidrigkeiten geahndet und können empfindliche Bußgelder nach sich ziehen.
Cannabis am Steuer: Die neue Gefahrenzone
Das wohl heikelste Thema für viele Bürger ist die Teilnahme am Straßenverkehr. Während Alkoholgrenzwerte seit Jahrzehnten etabliert sind, betritt der Gesetzgeber hier Neuland.
Bislang galt die strikte Trennung von Konsum und Fahren, wobei schon der Nachweis von Abbauprodukten zum Verlust der Fahrerlaubnis führen konnte. Aktuell wird eine Anhebung des THC-Grenzwertes im Blutserum auf 3,5 ng/ml diskutiert und teilweise bereits in der Rechtsprechung antizipiert, um eine Analogie zur 0,5-Promille-Grenze bei Alkohol zu schaffen.
Achtung: Für Fahranfänger in der Probezeit und Fahrer unter 21 Jahren gilt weiterhin ein absolutes Verbot. Zudem ist der Mischkonsum von Alkohol und Cannabis am Steuer besonders streng sanktioniert. Wer kifft und fährt, riskiert nach wie vor den Führerschein, solange die neuen Grenzwerte nicht final gesetzlich verankert und die Messverfahren standardisiert sind.
Anbauvereinigungen statt Coffeeshops
Anders als in den Niederlanden oder Kanada gibt es in Deutschland keinen freien Verkauf in Fachgeschäften. Die legale Beschaffung erfolgt (neben dem Eigenanbau) ausschließlich über sogenannte Anbauvereinigungen (Cannabis Social Clubs).
Diese Vereine unterliegen strengen bürokratischen Auflagen:
- Maximale Mitgliederzahl von 500 Personen.
- Kein Konsum in den Räumen des Vereins.
- Keine Werbung.
- Strenge Dokumentationspflichten über Anbau und Abgabe.
Für die Vorstände solcher Vereine ergeben sich erhebliche haftungsrechtliche Risiken, sollte gegen die Auflagen des KCanG verstoßen werden.
Arbeitsrecht: Kiffen im Job?
Auch wenn der Konsum in der Freizeit nun legal ist, endet diese Freiheit oft am Werkstor. Arbeitgeber haben weiterhin das Direktionsrecht und können den Konsum von Rauschmitteln während der Arbeitszeit sowie das Erscheinen unter Einfluss von Rauschmitteln untersagen – insbesondere aus Gründen des Arbeitsschutzes. Wer berauscht Maschinen bedient oder Kundenkontakt hat, riskiert eine Abmahnung oder Kündigung.
Amnestie und Tilgung
Ein juristisch spannender Aspekt ist die rückwirkende Straffreiheit. Verurteilungen wegen Handlungen, die nach neuem Recht nicht mehr strafbar sind (z.B. Besitz von 20 Gramm), können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister getilgt werden. Laufende Verfahren werden eingestellt. Dies stellt die Justiz aktuell vor einen enormen Verwaltungsaufwand, ist für Betroffene jedoch ein wichtiger Schritt zur Rehabilitierung.
Fazit: Freiheit mit Verantwortung
Die Cannabis-Legalisierung ist ein Paradigmenwechsel, aber kein Freifahrtschein. Das Gesetz ist komplex und voller Ausnahmeregelungen. Wer sich im öffentlichen Raum bewegt, am Straßenverkehr teilnimmt oder einen Anbauverein gründen möchte, sollte sich der juristischen Fallstricke bewusst sein.
Es empfiehlt sich, die Entwicklungen – insbesondere im Verkehrsrecht – genau zu beobachten. Unwissenheit schützt auch im neuen Cannabis-Zeitalter nicht vor Strafe. Mit Anwalt GURU setzen Sie auf eine zukunftsweisende Plattform – für die bestmögliche Rechtsberatung und Anwaltssuche.