Die Uhr tickt für Webseitenbetreiber, Online-Händler und Dienstleister: Im Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) vollumfänglich in Kraft. Während viele Unternehmen noch mit der Umsetzung der DSGVO oder neuen Cookie-Bannern beschäftigt sind, rollt mit dem BFSG eine neue, massive Compliance-Welle auf die digitale Wirtschaft zu. Es handelt sich hierbei nicht um eine bloße Empfehlung für mehr Inklusion, sondern um eine gesetzliche Verpflichtung, die bei Nichtbeachtung empfindliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Was regelt das BFSG?

Das Gesetz setzt den European Accessibility Act (EAA) in deutsches Recht um. Das Ziel ist klar: Produkte und Dienstleistungen müssen für Menschen mit Behinderungen, aber auch für ältere Menschen, ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sein. Der Gesetzgeber verabschiedet sich damit von der Freiwilligkeit und macht digitale Barrierefreiheit zum Marktstandard.

Wer ist betroffen?

Der Anwendungsbereich ist weit gefasst. Betroffen sind unter anderem:

  • E-Commerce: Der gesamte Online-Handel (Webshops, Apps).
  • Bankdienstleistungen: Online-Banking und Bankautomaten.
  • Telekommunikation: Messenger-Dienste und E-Mail-Services.
  • Elektronische Medien: E-Books und hierfür genutzte Software.
  • Personenverkehr: Digitale Dienste im Flug-, Bus-, Bahn- und Schiffsverkehr (z.B. Ticket-Apps).

Wichtig: Kleinstunternehmen (weniger als 10 Mitarbeiter und höchstens 2 Mio. Euro Jahresumsatz) sind von bestimmten Dienstleistungspflichten ausgenommen, jedoch nicht zwingend, wenn sie Produkte in Verkehr bringen.

Die rechtlichen Anforderungen

Juristisch orientiert sich das Gesetz an den bekannten WCAG-Standards (Web Content Accessibility Guidelines). Konkret bedeutet dies, dass digitale Angebote vier Prinzipien folgen müssen:

  1. Wahrnehmbarkeit: Informationen müssen so präsentiert werden, dass sie von allen Nutzern wahrgenommen werden können (z.B. Alternativtexte für Bilder, Untertitel für Videos).
  2. Bedienbarkeit: Die Navigation muss auch ohne Maus, etwa nur per Tastatur oder Sprachsteuerung, möglich sein.
  3. Verständlichkeit: Informationen und Bedienung der Benutzeroberfläche müssen verständlich sein (klare Sprache, vorhersehbares Verhalten der Seite).
  4. Robustheit: Inhalte müssen von einer Vielzahl an Benutzeragenten (inklusive assistiver Technologien wie Screenreadern) interpretiert werden können.

Risiken bei Nichtbeachtung

Wer das BFSG ignoriert, riskiert mehr als nur einen Image-Schaden. Die Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer erhalten weitreichende Befugnisse. Sie können:

  • Den Vertrieb eines Produkts oder die Bereitstellung einer Dienstleistung untersagen.
  • Den Rückruf von Produkten anordnen.
  • Bußgelder verhängen, die je nach Verstoß bis zu 100.000 Euro betragen können.

Zudem droht die Gefahr von Abmahnungen durch Mitbewerber oder qualifizierte Verbände, die Verstöße gegen das BFSG als unlauteren Wettbewerb geltend machen könnten.

Handlungsempfehlung für Unternehmen

Als Anwalt rate ich dringend dazu, das Thema nicht auf die lange Bank zu schieben. Digitale Barrierefreiheit lässt sich selten „über Nacht“ implementieren.

Schritte, die Sie jetzt einleiten sollten:

  • Bestandsaufnahme: Prüfen Sie Ihre Webseiten, Apps und digitalen Dokumente auf den aktuellen Status der Barrierefreiheit (Audits).
  • Technische Anpassung: Arbeiten Sie eng mit Ihrer IT oder Webagentur zusammen, um Code-Strukturen, Kontraste und Navigationspfade anzupassen.
  • Redaktionelle Schulung: Sensibilisieren Sie Ihr Content-Team für barrierefreie Inhalte (z.B. korrekte Überschriften-Hierarchien und Bildbeschreibungen).

Das BFSG ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance. Barrierefreie Angebote erreichen eine größere Zielgruppe und ranken oft besser in Suchmaschinen. Bereiten Sie sich jetzt vor, um 2025 rechtssicher aufgestellt zu sein. Mit Anwalt GURU setzen Sie auf eine zukunftsweisende Plattform – für die bestmögliche Rechtsberatung und Anwaltssuche.

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