Mit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes (CanG) hat in Deutschland ein historischer Paradigmenwechsel stattgefunden. Was lange Zeit strafrechtlich verfolgt wurde, unterliegt nun einem regulierten Rahmen, der den privaten Eigenanbau und Besitz für Erwachsene legalisiert. Doch Vorsicht: Die neue Freiheit ist keineswegs grenzenlos. Als Anwalt beobachte ich, dass viele Bürger die juristischen Feinheiten unterschätzen – insbesondere im Hinblick auf den Straßenverkehr und den Jugendschutz. In diesem Beitrag beleuchten wir die aktuelle Rechtslage, die Fallstricke und was Sie unbedingt beachten müssen.
Der neue rechtliche Rahmen: Was ist erlaubt?
Das Gesetz unterscheidet strikt zwischen dem privaten Bereich, der Öffentlichkeit und sogenannten Anbauvereinigungen. Grundsätzlich gilt: Der Besitz und Konsum ist nur für Erwachsene ab 18 Jahren gestattet.
- Besitz im öffentlichen Raum: Sie dürfen bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis mit sich führen.
- Besitz im privaten Raum: In den eigenen vier Wänden ist der Besitz von bis zu 50 Gramm getrocknetem Cannabis sowie von bis zu drei lebenden Pflanzen erlaubt.
Wichtig ist hierbei die juristische Grenze: Wer diese Mengen überschreitet, begeht keine bloße Ordnungswidrigkeit, sondern bewegt sich schnell wieder im Bereich des Strafrechts. Eine Überschreitung der Besitzmengen kann empfindliche Freiheits- oder Geldstrafen nach sich ziehen.
Konsumverbotszonen: Wo der Joint tabu bleibt
Der Gesetzgeber hat den Kinder- und Jugendschutz in den Mittelpunkt gestellt. Das bedeutet, dass der öffentliche Konsum an vielen Orten weiterhin untersagt ist. Dies betrifft insbesondere:
- Die unmittelbare Nähe von Personen unter 18 Jahren.
- Sichtweite (definiert als 100 Meter Abstand) zu Schulen, Kindergärten, Spielplätzen, Jugendeinrichtungen und öffentlichen Sportstätten.
- Fußgängerzonen zwischen 7:00 und 20:00 Uhr.
Verstöße gegen diese örtlichen Beschränkungen werden als Ordnungswidrigkeiten geahndet und können Bußgelder nach sich ziehen.
Die große Unbekannte: Cannabis am Steuer
Das wohl heikelste Thema für Verbraucher ist die Teilnahme am Straßenverkehr. Hier herrscht oft große Unsicherheit, da die Abbauprodukte von THC (Tetrahydrocannabinol) deutlich länger im Körper nachweisbar sind als Alkohol.
Der Grenzwert im Wandel
Lange Zeit galt in der Rechtsprechung ein sehr strenger Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Dieser Wert ist so niedrig, dass er oft noch Tage nach dem letzten Konsum überschritten werden kann, ohne dass eine berauschende Wirkung vorliegt.
Der Gesetzgeber hat hier nachgebessert und orientiert sich an einem neuen Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum. Dieser Wert soll vergleichbar mit der 0,2-Promille-Grenze bei Alkohol eine Wirkungsschwelle markieren.
Aber Achtung:
- Mischkonsum ist absolut tabu: Wer Cannabis konsumiert und gleichzeitig Alkohol trinkt, für den gilt ein absolutes Alkoholverbot am Steuer (0,0 Promille). Hier drohen Bußgelder und Fahrverbote.
- Fahranfänger: Für Fahranfänger in der Probezeit und Personen unter 21 Jahren gilt ein striktes Cannabisverbot am Steuer.
Verkehrsrechtlich bleibt die Situation komplex. Auch wenn der Grenzwert angehoben wurde, kann bei Ausfallerscheinungen (Schlangenlinien, verlangsamte Reaktion) auch unterhalb des Grenzwertes eine Straftat wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) vorliegen. Zudem droht bei regelmäßigem Konsum weiterhin die Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU), wenn Zweifel an der Fahreignung bestehen.
Arbeitsrechtliche Konsequenzen
Auch am Arbeitsplatz ist die Legalisierung kein Freifahrtschein. Arbeitgeber haben weiterhin das Direktionsrecht und können den Konsum von Rauschmitteln während der Arbeitszeit untersagen. Wer berauscht zur Arbeit erscheint und dadurch seine Leistungspflicht verletzt oder die Sicherheit gefährdet, riskiert eine Abmahnung oder im schlimmsten Fall die Kündigung. Besonders in sicherheitsrelevanten Berufen (Maschinenführer, Berufskraftfahrer, medizinische Berufe) gilt faktisch eine Null-Toleranz-Politik.
Fazit: Freiheit mit Verantwortung
Das neue Cannabisgesetz stärkt die Eigenverantwortung der Bürger und entkriminalisiert Konsumenten. Es ist jedoch kein Gesetz der absoluten Freiheit, sondern der strengen Regulierung. Insbesondere die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ein hohes Maß an Disziplin. Mein Rat als Jurist: Trennen Sie Konsum und Fahren strikt. Lassen Sie das Auto im Zweifel stehen, auch wenn Sie sich subjektiv fahrtüchtig fühlen. Die metabolischen Prozesse sind individuell sehr verschieden, und der Führerschein ist schneller in Gefahr, als viele vermuten.
Sollten Sie mit einem Bußgeldbescheid oder einem Strafverfahren konfrontiert sein, ist anwaltlicher Rat unerlässlich, um die Messverfahren und Vorwürfe im Einzelfall zu prüfen. Mit Anwalt GURU setzen Sie auf eine zukunftsweisende Plattform – für die bestmögliche Rechtsberatung und Anwaltssuche.