Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenmarkt mehr, sondern ein zentrales Verkaufsargument. Ob „klimaneutrale“ Schokolade, „ozeanfreundliches“ Shampoo oder „CO2-kompensierte“ Flugreisen – grüne Versprechen begegnen uns überall. Doch nicht immer steckt hinter dem grünen Anstrich auch ein ökologischer Mehrwert. Dieses Phänomen, bekannt als Greenwashing, gerät nun massiv unter juristischen Druck. Die Europäische Union und der deutsche Gesetzgeber ziehen die Zügel straffer, um Verbraucher vor Täuschung zu schützen und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

In diesem Beitrag beleuchte ich die aktuellen rechtlichen Entwicklungen, erkläre, welche Gesetze für Unternehmen relevant werden und worauf Sie als Verbraucher achten sollten.

Das Ende der pauschalen Umweltversprechen

Lange Zeit war der Begriff der „Nachhaltigkeit“ rechtlich kaum greifbar. Das ändert sich gerade grundlegend. Ein zentraler Baustein ist die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel (Empowering Consumers for the Green Transition Directive), die in nationales Recht umgesetzt wird. Sie zielt darauf ab, unlautere Geschäftspraktiken, die Verbraucher daran hindern, fundierte nachhaltige Konsumentscheidungen zu treffen, zu unterbinden.

Was sich konkret ändert:

  • Verbot allgemeiner Umweltaussagen: Begriffe wie „umweltfreundlich“, „natürlich“, „biologisch abbaubar“ oder „ökologisch“ dürfen künftig nicht mehr ohne Nachweis verwendet werden. Unternehmen müssen solche Aussagen durch eine anerkannte hervorragende Umweltleistung belegen können.
  • Klimaneutralität durch Kompensation: Ein besonders heikler Punkt ist die Werbung mit „Klimaneutralität“, die oft nur auf dem Kauf von CO2-Zertifikaten (Kompensation) basiert, ohne dass das Unternehmen selbst Emissionen reduziert hat. Die neuen Regelungen sehen vor, dass solche Behauptungen als irreführend gelten können, wenn nicht transparent zwischen eigener Reduktion und bloßer Kompensation unterschieden wird. Künftig wird es deutlich schwieriger, ein Produkt als „klimaneutral“ zu bewerben, wenn dies rein rechnerisch durch Waldschutzprojekte in Übersee geschieht.
  • Siegel-Dschungel: Nachhaltigkeitssiegel sollen vertrauenswürdiger werden. Die Verwendung von Eigenkreationen, die wie offizielle Gütesiegel aussehen, aber auf keinen zertifizierten Prüfverfahren basieren, wird untersagt. Zulässig bleiben nur Siegel, die auf offiziellen Zertifizierungssystemen beruhen oder von staatlichen Stellen festgesetzt wurden.

Der rechtliche Rahmen in Deutschland: Das UWG

In Deutschland ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) das schärfste Schwert gegen Greenwashing. Bereits jetzt mahnen Verbraucherzentralen und Wettbewerbsverbände Unternehmen ab, die irreführende Umweltwerbung betreiben.

Nach § 5 UWG handelt unlauter, wer unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware macht – dazu gehören auch ökologische Eigenschaften. Die Rechtsprechung stellt hierbei zunehmend strengere Anforderungen an die Transparenz. Wer mit Umweltvorteilen wirbt, muss diese eindeutig erklären. Ein vager Hinweis auf „Nachhaltigkeit“ ohne Erläuterung, worauf sich dieser bezieht (Verpackung? Inhalt? Transport?), reicht nicht mehr aus und birgt ein hohes Abmahnrisiko.

Die „Green Claims Directive“: Ein Blick in die Zukunft

Ergänzend zur oben genannten Richtlinie arbeitet die EU an der sogenannten Green Claims Directive. Diese geht noch einen Schritt weiter und fordert eine detaillierte Substantiierung von Umweltaussagen. Unternehmen müssen ihre Behauptungen künftig wissenschaftlich fundiert belegen, oft basierend auf einer Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment) des Produkts. Zudem sollen diese Aussagen vor der Veröffentlichung von unabhängiger Stelle verifiziert werden.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Für Marketingabteilungen und Geschäftsführungen besteht dringender Handlungsbedarf. Die Zeit des „Green-Hushing“ (das Verschweigen von Daten) oder des unbedachten „Green-Labelling“ ist vorbei.

  1. Prüfung der Werbeaussagen: Jede umweltbezogene Aussage muss faktisch belegbar und aktuell sein.
  2. Transparenz: Es muss klar sein, ob sich die Aussage auf das gesamte Produkt oder nur einen Teil bezieht.
  3. Vorsicht bei Zukunftsprognosen: Wer mit Zielen wirbt (z.B. „Klimaneutral bis 2030“), braucht einen konkreten, realistischen und überprüfbaren Umsetzungsplan.

Was bedeutet das für Verbraucher?

Die neuen Gesetze sind eine gute Nachricht für alle, die bewusst konsumieren möchten. Die Verlässlichkeit von Informationen auf Verpackungen wird steigen.

  • Achten Sie auf Details: Suchen Sie nach konkreten Erklärungen statt Schlagworten.
  • Prüfen Sie Siegel: Vertrauen Sie etablierten Zeichen wie dem „Blauen Engel“ oder dem EU-Bio-Siegel mehr als unbekannten Grafiken.
  • Hinterfragen Sie „Klimaneutralität“: Ein Produkt, das hergestellt, verpackt und transportiert wurde, hinterlässt fast immer einen ökologischen Fußabdruck.

Fazit

Der Kampf gegen Greenwashing tritt in eine neue Phase. Der Gesetzgeber macht deutlich: Nachhaltigkeit darf kein leeres Marketing-Tool sein. Für den Rechtsmarkt bedeutet dies eine Zunahme an wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten, aber auch eine Chance für mehr Ehrlichkeit im Wirtschaftsverkehr. Wer wirklich grün wirtschaftet, wird von den strengeren Regeln profitieren – wer nur so tut, muss mit empfindlichen rechtlichen Konsequenzen rechnen. Mit Anwalt GURU setzen Sie auf eine zukunftsweisende Plattform – für die bestmögliche Rechtsberatung und Anwaltssuche.

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